Veröffentlicht von Prof. Dr. jur. Burkhard Oexmann am 19.06.2015

Adipositas-Chirurgie

Sozialgericht Dortmund
Ruhrallee 1-3
44139 Dortmund


12.02.2015

Unser Zeichen: 50.Y/AOK.ol

Klage
In dem sozialgerichtlichen Verfahren
der Y
- Klägerin -

Prozessbevollmächtigte: Sozietät Dr. Oexmann, Rassenhöveler Straße 7,
59510 Lippetal
(AZ: 50.Y/AOK)

g e g e n

die AOK,
- Beklagte -

wegen Kostenübernahme einer Adipositas-Chirurgie

beantrage ich klageerhebend,

die Beklagte unter Abänderung ihres Ablehnungsbescheides vom 26.02.2014 in der Gestalt ihres Widerspruchsbescheides vom 23.01.2015 zu verpflichten, die Kosten eines adipositaschirurgischen Eingriffs bei der Klägerin zu übernehmen,

wobei ich begründend ausführe:

1.
Ich überreiche

/ anliegend im Original mich legitimierende Vollmacht der Klägerin vom 10.02.2015 (K1).

2.
Ich schicke voran und überreiche insoweit

/ anliegend in Kopie den in der am 02.12.2014 Ärzte-Zeitung publizierten Artikel „Restriktive Erstattungspraxis: Adipositas-Chirurgie: Große Hürden für stark Übergewichtige“ (K2).

Der Einführungssatz lautet: „Trotz guter Heilungs-Chancen kommt die metabolische Chirurgie immer noch nur sehr wenigen adipösen Patienten in Deutschland zugute. Das liegt an der restriktiven Erstattungspraxis der Krankenkassen, kritisiert die Expertengruppe Metabolische Chirurgie.“

3.
Die Klägerin, geboren am 1990, also 24 Jahre alt, hat zurzeit einen

BMI von 60,49

basierend auf einer Körpergröße von 180 cm und einem Körpergewicht von 196 kg. Bereits bei einem BMI von mehr als 40 greift nach der S3-Leitlinie (Version 2,0 aus April 2014)

• der Deutschen Adipositas Gesellschaft
• der Deutschen Diabetes Gesellschaft
• der Deutschen Gesellschaft für Ernährung
• der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin

die Indikation zur primären Adipositas-Chirurgie im Sinne einer bariatrischen Operation.

4.
Bei der Klägerin liegt schon seit ihrer Geburt die genetische Anlage zu Adipositas vor. Dazu überreiche ich

/ anliegend in Kopie das Kinderuntersuchungsheft mit den Ergebnissen der Neugeborenen und Kleinkinderuntersuchungen von U1 bis U8 (K3).

Die Klägerin wurde mit einem Geburtsgewicht von 4.350 g geboren, war also im Jahre 1990 bereits signifikant makrosom. Mit 49 Monaten wog sie bei der U8 exakt 36 kg bei 117 cm Körperlänge. Nach der somatographischen Perzentile lag sie bei 98. Nur 2 % der Kinder mit einer Körpergröße von 117 cm im Alter von 4 Jahren waren schwerer als die Klägerin.

Beweis: Gutachten eines medizinischen Sachverständigen mit Schwerpunkt Adipositas-Therapie.

5.
Ich überreiche anliegend jeweils in Kopie:

/ den die Klägerin betreffenden Laborbefund vom 05.05.2006 (K4).

Vier essenzielle Laborwerte sind bei der Klägerin regelrecht entartet gewesen (die Klägerin war damals gerade einmal 16 Jahre alt). Das gilt insbesondere für die ernährungsassoziierten Werte Triglyceride sowie Cholesterine.

6.
Die Rechtsprechung (aktuelles Urteil des Sozialgerichts Fulda vom 18.11.2014) verlangt für die primäre Adipositas-Chirurgie eine vorausgehende (frustrane) multimodale konservative Therapie über die Dauer von wenigstens sechs Monaten, bestehend aus

Ernährungstherapie
Ausdauersport
Psychotherapie.

All diese Voraussetzungen erfüllt die Klägerin. Ich überreiche

/ anliegend in Kopie den Arztbrief der Fachklinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Neurologie vom 30.04.2010 (K5).

7.
Ich überreiche

/ anliegend in Kopie den einen Bandscheibenvorfall betreffenden Arztbrief der Klinik vom 06.12.2010 (K6).

8.
Die Klägerin hat sich einer Adipositas-Selbsthilfegruppe angeschlossen. Dazu überreiche ich

/ anliegend in Kopie die Teilnahmebescheinigung vom 13.12.2014 (K7).

9.
Die Klägerin hat sich, veranlasst durch den Hausarzt Dr., einem ganzheitlichen Stoffwechselprogramm gestellt. Ich überreiche dazu

/ anliegend in Kopie die die Klägerin betreffende Verlaufskontrolle des
Dr. (K8).

10.
In sportlicher Hinsicht hat die Klägerin an einem Aqua-Fitness-Programm in Bad Sassendorf teilgenommen. Dazu überreiche ich

/ anliegend in Kopie Teilnahmebescheinigungen und Therapiepläne (K9).
11.
Die gesamte Adipositas-Geschichte der Klägerin folgt

/ aus ihrem in Kopie anliegenden Antrag aus Dezember 2013 (K10).

12.
Offenbar in Unkenntnis dieser Details, damit gegen das sozialrechtliche Aufklärungsprinzip verstoßend, hat die Beklagte

/ mit dem in Kopie anliegenden Widerspruchsbescheid vom 23.01.2015 (K11)

den Antrag der Klägerin auf Kostenübernahme einer bariatrischen Operation bei Adipositas abgelehnt.

13.
Ich komme zurück auf meine Eingangskritik, dass die gesetzlichen Krankenkassen in zahlreichen Fällen zu Unrecht bariatrische Adipositas-Operationen kritisch sehen und die Kostenübernahmen verweigern. Sämtliche Ärzte der Klägerin bejahen einen solchen Eingriff. Ich überreiche anliegend jeweils in Kopie:

/ Ärztliche Bescheinigung der Gynäkologin A. vom 12.08.2013 (K12)
/ Ärztliche Bescheinigung der Orthopädischen Praxis B. vom 20.08.2013 (K13)
/ Ärztliches Attest Dr. C. vom 27.08.2013 (K14)
/ Ärztliche Bescheinigung des Arztes für Psychotherapie D. vom 29.08.2013 (K15)
/ Fachärztliche adipositaschirurgische Stellungnahme Dr. E. vom 28.04.2014 (K16).

14.
Selbst unter dem Postulat der strengen Voraussetzungen für eine primäre Operationsindikation hat die Klägerin einen Anspruch auf Kostenübernahme für den geplanten bariatrischen Eingriff. Das folgt im Übrigen der aktuellen adipositaschirurgischen medizinischen Fachliteratur, die ich anliegend wie folgt überreiche:

/ Weiner, Adipositas – chirurgische Therapieprinzipen, in: Der Chirurg 2008, 826 bis 836 (K17).
/ Brüher et al., Bariatrische Chirurgie bei extremer Adipositas im Kindes- und Jugendalter, in: Bundesgesundheitsblatt 2011, 577 bis 583 (K18)
/ Weiner et al., Management von Frühkomplikationen in der Adipositaschirurgie, in: Der Chirurg 2015, 56 bis 66 (K19).

15.
Beglaubigte Abschrift anbei.


(Dr. Oexmann)